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Auf Spurensuche in Assisi

„Wer ist Franziskus?“ Von diesem Heiligen, der Armut lebte, der den Vögeln predigte und den Sonnengesang komponierte, haben viele schon mal etwas gehört – erst recht seitdem der jetzige Papst seinen Namen angenommen hat. St. Franziskus folgen auch viele franziskanische Orden, unter anderem die Franziskanerinnen Salzkotten, die seit über 160 Jahren Dienst am Menschen tun. Um ihr Denken, ihre Spiritualität und die Lehre des Franziskus zu verstehen, wäre ein Besuch in Assisi, seiner Herkunfts- und Wirkungsstätte in Mittelitalien hilfreich. Und da fügte es sich gut, dass die Franziskanerinnen, die Franziskus wirklich kennen, eine Fahrt in die malerische Kleinstadt in Umbrien (Mittelitalien) angeboten haben.

So reiste eine Gruppe von 17 Personen, überwiegend aus dem Kreis Paderborn mit den Salzkottener Schwestern Alexandra, Alexa und Lucia in das Herz der franziskanischen Stadt, die seit 800 Jahren Wallfahrtstätte und viertgrößter katholischer Wallfahrtsort ist (nach Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela). Treffpunkt ist zunächst Rom, von wo wir gemeinsam mit dem Zug nach Assisi fahren.

Die Unterkunft ist einfach, aber wir werden liebevoll von Schwestern umsorgt. Assisi liegt am Berg und in der davorliegenden Ebene. Es ist wunderschön, eine mittelalterliche, in Naturstein erhaltene Stadt. Der Blick ins Tal ist traumhaft – wie eine Filmkulisse.

Die Spuren des hl. Franziskus und seiner frühen Nachfolgerin, der hl. Klara, sind allgegenwärtig. Es sind die Gräber der beiden Heiligen in den beiden Grabeskirchen sowie die Ursprünge der franziskanischen Bewegung im Tal, im späteren Kloster San Damiano und in der Portiunkula-Kapelle, über die eine mächtige Kathedrale gebaut wurde. Wir erwandern diese Stätten überwiegend zu Fuß, so wie es sich für eine echte Pilgerschaft gehört.

Urstätten der franziskanischen Bewegung

Was macht die bis heute anhaltende Faszination von Franziskus aus, der um 1200 herum eine schwächelnde, verkrustete Kirche quasi „von unten“ sanft reformierte? Er, Sohn reicher Eltern, der das Leben zu genießen wusste, wandte sich von irdischen Gütern ab und predigte Armut, Gebet und Solidarität mit den Bedürftigen. Die Bewegung wuchs innerhalb weniger Jahrzehnte auf viele tausend Brüder (und durch die hl. Klara auch Schwestern) zu einer internationalen Ordensbewegung ganz eigenen Charakters. Der direkte Bezug zu Jesus Christus („Verkauf deine Habe und folge mir nach“) überzeugte das Kirchenvolk so stark, dass Franziskus auch die Unterstützung maßgeblicher Bischöfe und Päpste erhielt.

Bewegend ist es, diese „Urstätten der franziskanischen Bewegung“ zu besuchen und zum Beispiel in San Damiano an einer von Franziskanern geleiteten Vesper mit sakramentalem Segen teilzunehmen. Oder der schweigende Aufstieg auf den Berg Monte Subasio zur Einsiedelei Carceri, wo Franziskus und seine Brüder sich immer wieder – vor allen Dingen vor wichtigen Entscheidungen – zu Gebet und Meditation zurückgezogen haben.

In der Hauskapelle unserer Herberge verarbeiten wir das Erlebte in unseren eigenen Gottesdiensten, die Pastor Gede mit uns feiert. Schwester Alexandra und Schwester Alexa vermitteln in einem Rollenspiel die Begegnung des Franziskus in seiner schlichten Kutte mit seinem reichen Bruder, der das Geschäft ihres Vaters weiterführt. Es kommt zur „franziskanischen Gretchenfrage“, die sich natürlich auch uns Pilgern stellt: „Wie hältst du es mit der Religion, mit Mitmenschlichkeit und Solidarität?“

Pilger in Assisi

Nachdenklich wird man an diesem Ort. Dafür sind die Eindrücke zu intensiv, ja auch emotional. Die bayrischen Franziskaner sagen zwar „wie Franz is kaner…“, aber ein bisschen vom Beispiel dieser charismatischen Person Franziskus könnte man doch lernen und für sich mitnehmen. Und ein bisschen mehr versteht man jetzt die Menschenfreundlichkeit und den Eifer der Franziskanerinnen Salzkotten, wie er sich auch beim Aufbau des neuen Geistlichen Zentrums Franziskus im Mutterhaus in Salzkotten widerspiegelt. „Geborgen im Glauben – nah bei den Menschen“ – das ist seit 160 Jahren ihr Credo. Und ganz ehrlich: Das spürt man. Schwester Alexandra, Schwester Alexa und Schwester Lucia sei Dank!

Der Gruß des Franziskus lautet: „Pace e bene! Frieden und Gutes!“ Und natürlich füllt sich die Seele eines Pilgers in Assisi jeden Abend mit Frieden und innerer Kraft. Fürs Fernsehen bleibt keine Zeit. Doch draußen in der Welt toben die Kriege, jetzt sogar im Heiligen Land. Da hilft nur noch beten, möchte man meinen. Und Franziskus, der sagte: „Wir können gegen die Nacht nicht ankämpfen, aber wir können ein Licht anzünden.“ Pace e bene! Fangen wir damit an.

Manfred Müller, Präsident des Bonifatiuswerkes Paderborn, Landrat a.D.